„AFRIKA“ - hautnah - Bericht 1


         

Das Nomadenleben beginnt

 

Route: Balkan - Türkei - Georgien - Armenien - Iran  - vom 05.09.2010 bis 26.10.2010

         
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Nach dem Abschied von Familie und Nachbarn, der durch ein Fernsehteam vom Bayerischen Rundfunk etwas turbulenter ausfällt, sitzen wir allein in unserem HZJ - die große weite Welt vor uns. Im Auto herrschen Schweigen und gedrückte Stimmung. Keinem von uns ist nach Reden zumute. Wie vor jedem Aufbruch versetzt uns die Frage, ob alles gut gehen wird, in Unruhe. Unsere Gefühle fahren Achterbahn – rauf und runter. Doch auch heute siegen Aufbruchsstimmung und Hunger auf fremde unbekannte Welten.

 

Nach etwa zwei Wochen - zwischenzeitlich besuchten wir Freunde in Österreich und überraschten einen ehemaligen Kollegen in der Türkei – stehen wir mit gemischten Gefühlen an der Türkisch-Georgischen-Grenze unweit der Stadt Batumi.

 

Noch vor einem Jahr war das Land in einer kritischen Lage. Ein Freund arbeitete damals in der deutschen Botschaft in Tiflis. Er berichtete über ein Land, das sich nach dem Zerfall der UDSSR mit der wiedererlangten Freiheit schwer tut. Bürgerkrieg und Konflikte mit autonomen Gebieten und auch mit Russland erschwerten die Entwicklung. Doch zurzeit herrscht Ruhe und um die Konfliktregionen machen wir einen Bogen. Umso mehr überrascht uns Batumi am Schwarzen Meer mit einer herrlichen neuen Strandpromenade. Junge, moderne Georgierinnen joggen unter Palmen, um noch dünner zu werden wie sie eh schon sind.

 
Uns überrascht die neue Strandpromenade in Batumi
 
 

Joggen in der Hitze, um noch dünner zu werden. Auch in Batumi herrscht Schlankheitswahn
 
 

Entsetzt sind wir von den katastrophalen Straßen. Ein Großteil besteht nur aus vom letzten Regen gefüllten, unabschätzbar tiefen Schlaglöchern. Heti besteht auf einem Badetag. Anschließend fahren wir weiter in die Hauptstadt Tiflis. Interessant ist die Altstadt mit unzähligen, eingewachsenen und filigranen Balkonen, engen Gassen und reich verzierten Häusern. Italienischer Flair umgibt uns. Dieser wird jedoch stark durch den allgemeinen Zerfall der alten Häuser eingeschränkt. Zum Restaurieren fehlt Geld.

Teilweise sind die Häuser, wahrscheinlich durch Erdbeben, so stark zerstört, dass nur noch ein Abriss hilft. Aber auch der kostet Geld. Nur die Gotteshäuser sind alle in Top-Zustand. Mir gefällt Tiflis sehr gut.

 

Im Stadtzentrum auf einem ruhigen Parkplatz übernachten wir und frühstücken bei schönem Wetter draußen. Dazu laden wir den Straßenkehrer ein. Mischa ist 67 Jahre alt, bekommt keine Rente und hat nur fünf Stunden täglich Arbeit. Er verdient im Monat ca. 100 Euro – zu wenig zum Leben und zum Sterben zu viel. Er ist sehr unzufrieden mit der Regierung. Seine Frau ist vor zwei Jahren mit 47 an Krebs gestorben. Seither lebt er mit Sohn und Schwiegertochter zusammen, die weder für ihn kocht, noch sich um seine Wäsche kümmert. Zwei seiner Söhne leben in Kanada, von denen er auch keine Unterstützung erhält. Er fragt, ob wir für ihn in Deutschland einen Opel Astra kaufen können. Es darf ruhig ein ganz altes Auto sein. Das Auto können wir dann per Schiff nach Poti schicken. Mischa fehlt jegliche Vorstellung, was Auto, Verschiffung und Zoll kosten.

 
Er wünscht sich nur einen alten Opel Astra von uns.
 
 

Im Reiseführer steht: „In Kachetien sind die Weinstöcke so mächtig, dass aus einem ein-Meter-dicken Basisstamm, Weinranken treiben, die bis zu 160 m2 Fläche bedecken. Dabei tragen sie bis zu zwei-Kilogramm-schwere Trauben.“

Dort müssen wir hin! Auf ins Weinschlaraffenland. Wir wollen den Wein aber nicht nur trinken, sondern auch bei der Ernte dabei sein. Giorgj und seiner Familie helfen wir bei der Weinlese.

 

Nachdem die Weintrauben, die nicht wie versprochen zwei Kilogramm haben, auf dem Wagen liegen, fahren wir zu Giorgjs einfachem Natursteinhaus. Wir pressen die Trauben in eine große Tonne. Sofort beginnt die Gärung ohne irgendeinen Zusatz. Giorgj keltert nicht nur guten Wein, sondern brennt auch Schnaps aus Traubentreber. Extra wegen uns wirft er seine alte Destille an. Natürlich müssen wir den ersten Schnaps testen, und zwar noch heiß. Ich bekomme einen Schüttelkrampf. Trotzdem lache ich und lobe diesen Spiritus aufs Höchste. Giorgj meint, „der hat doch nur 60 Grados!“

 
Sehnsüchtig wird der Wodka erwartet, den Georgj uns zu Ehren brennt
 
 

Der Abend kommt und im Hof versammeln sich immer mehr Leute. Sie schleppen Wein und Essen an, bis sich der Tisch in der alten Schnapsbrennerei biegt. Das Fest beginnt. Es wird gesungen, getanzt, und das Wichtigste – ein Trinkspruch jagt den nächsten. Denn vor jedem Schluck steht jemand auf, um einen Toast zu sprechen. Heute wird nur auf Deutschland und alle Deutschen getrunken.

 

Der acht-Jahre-alte Naturwein schmeckt ausgezeichnet. Allen Befürchtungen zum Trotz bekommt uns der reichliche Weingenuss hervorragend – kein flaues Gefühl im Magen und auch kein schwerer Kopf am nächsten Morgen. Zum Frühstück gibt’s erst mal ein Glas Treberschnaps von gestern und gleich darauf ein Glas vom achtjährigen Rotwein. Für Giorgj ist das weiße und rote Medizin. Damit die Medizin nicht zu schnell wirkt, essen wir Teigtaschen dazu.

 

Bevor wir hier versumpfen, brechen wir auf Richtung „Großer Kaukasus“. Über die Georgische Heerstraße wollen wir den höchsten Berg Georgiens, den Kashbeg (5.033 m) erreichen. Als einziger Weg durch den Kaukasus ist die „Georgische Heerstraße“ seit Urzeiten bekannt, bewundert und gefürchtet. Auf meist guten Straßen fahren wir 200 km durch den großen Kaukasus von Tiflis bis an die Grenze nach Nordossetien.

 
Begehrtes Wasser - Sinterterrassen auf der Georgischen Heerstraße
 
 

Unser nächstes Ziel liegt im Nordwesten des Kaukasus, in Oberswanetien und heißt Mestia. Dort soll es die einzigen Wehrturmhäuser Europas geben. Dafür müssen wir wieder etwa 150 km in den Kaukasus hinein fahren. Dieses Mal auf schlechter Piste. Die Einheimischen sagen, der Weg ist schlecht, aber nicht wie schlecht. Zum Glück, denn wer weiß, ob wir dann die Tortur auf uns genommen hätten.

 

Anfangs ist die Straße noch geteert, doch nach kurzer Zeit müssen wir diese entlegene Bergregion im wahrsten Sinn des Wortes „erfahren“. Auf engen steilen Schotterpisten quälen wir unseren HZJ durch Schluchten und unbewohnte Bergwelt. Sechs Stunden brauchen wir für 100 Kilometer. Dann entlädt sich auch noch völlig unerwartet ein wildes Unwetter mit Sturm über uns. Dabei schüttet es wie aus Kübeln. Die Piste wird zum Bach und teilweise gefährlich weich.

 
Unwetter, Steinschlag und aufgeweichte Piste sind zu viel für Hetis Nerven
 
 

Immer wieder passieren wir Stellen, an denen bereits Steinschlag nieder ging. Nicht nur Heti hat Angst. Zum Glück kommt eine kleine Ebene mit vielleicht 5 Häusern. Vor einem Haus dürfen wir übernachten. Mit Wodka und Walnüssen werden wir begrüßt. Die Walnüsse schmecken im Gegensatz zum Wodka gut. Noch nie haben wir so etwas Grässliches getrunken. Der Selbstgebrannte aus einem 20-Liter-Kanister hatte wahrscheinlich „150 Grados“ und ist ungenießbar. Mindestens ein Glas fordert die Gastfreundschaft. Wir erfüllen sie, während unser freundlicher Gastgeber bei bester Laune vier Gläser hinunterkippt.

 
Walnüsse gut - Schnaps ungenießbar
 
 

Am nächsten Tag tauchen bei mildem Sonnenschein in einem kleinen Tal am Hang die ersten Wehrtürme auf.

 
Endlich nach zermürbender Fahrt tauchen sie auf - die einzigen Wehrtürme in ganz Europa
 
 

 

Wir fragen, ob wir einen Wehrturm besichtigen dürfen, und wir dürfen. Die bis zu 700 Jahre alten Wehrtürme sind eigentlich Burgen, ohne Fenster, nur mit Schießscharten. Bei einer Grundfläche von etwa 5 x 5 m haben sie drei bis vier Stockwerke und sind bis zu 25 Meter hoch. Im untersten Geschoss lebten die Tiere, und in den darüber liegenden Etagen konnten sich bis zu 80 Personen verbarrikadieren. Wurde das untere Geschoss eingenommen, zogen die Leute einfach die Leiter hoch und verteidigten sich von hier oben aus weiter. So musste jedes der Stockwerke extra erobert werden.

 
Bei Angriff wurde nur die Leiter von Stockwerk zu Stockwerk hochgezogen
 
Kurzinfo zu Georgien:    
1 Euro = 2,35 Lari    
1 Liter Diesel = 1,80 bis 2,00 Lari    
1 Brot = 0,70 Lari    
1 kg Tomaten = 1,00 Lari    
1 kg Gurken = 2,00 Lari    
       

Eintrittspreise durchschnittlich 2,00 Lari

Ein- und Ausreise absolut einfach, kein Visum, keine Versicherung. An der Grenze wird ein Foto gemacht

 

Nach etwa zwei Wochen Aufenthalt in Georgien zieht „die Karawane“ weiter nach Armenien. Obwohl Armenien kleiner als Bayern ist und nur 3,5 Mio. Einwohner hat, bemerken wir sehr schnell, dass die Armenier ein stolzes Völkchen sind. Im Geschäfte machen und Handeln sollen sie noch geschickter als die Juden sein.

 

In der Hauptstadt Eriwan fällt uns auf, dass sich Armenien nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wirtschaftlich wesentlich schneller erholte als Georgien. Eriwan ist eine grüne Stadt mit breiten Boulevards und schönen Plätzen, auf denen abends die Neonreklame internationaler Marken leuchtet und blinkt.

 
Abends die große Wasser-Licht-Musik-Show auf dem Platz der Republik in Eriwan
 
 

Nach einem Konzertbesuch im schönsten Bauwerk der Stadt „Der Oper“ genießen wir am gepflegten und überdimensional großen „Platz der Republik“ in einem riesigen Wasserbassin, eine beeindruckende „Wasser-Licht-Musik-Show“. Dabei pulsieren im Rhythmus der Musik Wasserfontänen in bunten Lichtkegeln in den Himmel.

 
Elegant und beeindruckend - das Zentrum Eriwand, der Platz der Republik
 
 

„Radio Eriwan“, früher wegen seiner schlauen und lustigen „Was wäre, wenn…-Sprüchen bekannt, ist dagegen in einem heruntergekommenen Haus untergebracht. Das Gegenteil von heruntergekommen, sind die jungen Armenierinnen. Groß, schlank und auf Pfennigabsätzen stolzieren sie perfekt geschminkt durch die Fußgängerzone.

 

Uns zieht es aber weiter zur blauen Perle Armeniens, zum Sevansee, der auf 1.900 m liegt. Nach den vielen Eindrücken ist es höchste Zeit für einen Ruhetag. Doch der wird uns verregnet.

Das Meer der Armenier, Sevansee auf 1.900 m
 
 

Ein Stück weiter auf einer Halbinsel liegt das Dörfchen „Noratus“. Es ist wegen seiner Chatsch‘khare berühmt. Unzählige Kreuz- und Grabsteine wurden hier seit dem 13. Jahrhundert aufgestellt. Fein gemeißelt und mit leichtem gelben Moos bedeckt, hinterlassen sie bei mir einen archaischen Eindruck.

 
Unzählige Chatsh'khare in Noratus am Sevansee. Sie sind nicht nur Grab-, sondern hauptsächlich Gedenksteine
 
 

Wir genießen noch fein geräucherten Sevanfisch und freuen uns auf den 2.400 m hoch gelegenen Selimpass. Dort stoßen wir wieder auf die Seidenstraße, der wir auf unserer 20-monatigen Reise durch 23 Länder bis nach Turkmenistan gefolgt waren.

 
Hier nehmen wir die Fährte der Seidenstraße wieder auf
 
 

Auf dem Pass steht als sichtbares Zeichen die Selimkarawanserei. Im 13. Jahrhundert wurde sie aus passgenauen Quadersteinen errichtet und zeigt sich bis heute in ihrer ursprünglichen Form. Nachdem wir die dunklen Innenräume mit nur wenigen Lichtschächten in der Decke besichtigt haben, genießen wir den überwältigenden Blick auf das Tal von Selim. Dabei stell ich mir vor, wie die schwer beladenen Kamele mit ihren Führern nach den vielen Serpentinen ausgemergelt an der Karawanserei ankommen.

 
Die Seidenstraße hat uns wieder. Wir stoßen auf die Karawanserei von Selim auf 2.350 m in Armenien
 
 

Auf dem Weg zur iranischen Grenze besuchen wir noch das bekannte Kloster Thadev. Es liegt hoch über der Vorotan-Schlucht auf einem steilen Felsvorsprung. Um es zu erreichen, müssen wir durch die Schlucht und über viele Serpentinen erst hinab zur Teufelsbrücke, wo der Vorotan eine natürliche Brücke in den Fels gefressen hat. Danach geht es über noch mehr Serpentinen hinauf zum Kloster. Ein österreichisch-schweizerisch-italienisches Konsortium baut mit über 5 Kilometer Spannweite die längste Schwebebahn der Welt über die Vorotanschlucht.

 
Einsamer armenischer Cowboy
 
 

Bei Meghri im Süden Armeniens reisen wir aus. Der Zöllner will wissen, wo unsere Koffer sind. Nachdem ich erkläre, dass unser Auto ein einziger Koffer ist, möchte er, dass wir das ganze Auto auspacken und die Sachen zum Prüfen auf das X-Ray-Band legen. Nach langem Hin und Her kann ich den Zöllner überzeugen, dass das Tage dauert. Endlich lässt er uns kopfschüttelnd und widerwillig passieren. Als Gruß ruft er jedoch hinterher: „You are my friend!“ Doch damit ist die Grenze noch nicht passiert. Es kommt noch der russische Zoll - warum auch immer? Als auch dieser alles überprüft hat, dürfen wir endgültig ausreisen.

     
Kurzinfo zu Armenien:    
1 Euro = 491,-- Dram    
1 Liter Diesel = 320,-- bis 360,-- Dram    
1 Brot = 350,-- Dram    
1 Liter Bier = 850,-- Dram    
1 kg Äpfel = 500,-- Dram    
       

Einreise bei Bavra. Visaausstellung schnell und einfach, Visakosten 3.000,-- Dram pro Person. .Die Formalitäten für das Auto dauern 2 Stunden und kosten 19.500,-- Dram.

Bei der Ausreise sind noch einmal 6.600,-- Dram zu zahlen.

 

Ganz anders ist es an der iranischen Grenze. Die Passkontrolle geht schnell und genauso schnell kümmert sich ein Mann ums Carnet de Passage. Keiner will ins Auto schauen. Nach einer halben Stunde sind wir im Iran.

 

An der Grenze beginnt für Heti ein neues Zeitalter. Trotz Hitze muss sie ab sofort in der Öffentlichkeit einen Mantel tragen, der bis über den Hintern reicht. Viel unangenehmer empfindet sie jedoch das Kopftuch.

 

Unbelästigt übernachten wir in Grenznähe und starten am nächsten Tag Richtung Teheran, das wir am selben Abend nach 850 km Autobahn erreichen. Am Stadteingang erwartet uns unser Freund. Seit dem letzten Besuch von ihm und seiner kleinen Familie ist ein Jahr vergangen. Dementsprechend herzlich fällt die Begrüßung aus.

 

Die nächtliche Fahrt durch Teherans Rushhour hinter einem wendigen Pkw ist für mich ein Höllenritt. Die Iraner fahren hautnah auf, das bedeutet zwei Zentimeter Abstand.

 

Der erste Abend bei unseren Freunden dauert lang. Es gibt viel zu erzählen. Die sprichwörtliche iranische Gastfreundschaft ist überwältigend und wir werden von der ganzen Großfamilie hofiert. Ob bei einer Afterweddingparty, bei einem Besuch im Wochenendhaus, in einem traditionellen aserbaidschanischen Lokal oder in einem Bergrestaurant im Norden Teherans – uns wird jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Dabei wird jegliche Bezahlung unsererseits strikt abgelehnt.

 
Bereits auf dem Weg zum Bergrestaurant muss man diesen süßen Versuchungen widerstehen
 
 

Wir erfahren aber auch, dass seit unserem letzten Besuch vor fünf Jahren die Lebenssituation der Iraner schlechter wurde. Aufgrund der Embargopolitik geht es wirtschaftlich rapide abwärts. Und die Hoffnung auf Freiheit schwindet.

 

Nach 6 Tagen und vielen Gesprächen verlassen wir unsere Freunde, die den Glauben an eine bessere Zukunft verloren haben. Wir verabreden, dass wir uns in zwei bis drei Jahren in Australien treffen werden, denn dorthin möchten sie auswandern.

 

Von unseren Bekannten erfuhren wir, dass Benzin und Diesel immer knapper werden, denn der Staat verkauft das ganze Rohöl ins Ausland. Deshalb werden Diesel und Benzin rationiert. Jeder Iraner bekommt auf einer Magnetstreifenkarte eine bestimmte Menge zugeteilt. Benzin kann man zwar darüber hinaus noch zum vierfachen Preis kaufen. Diesel jedoch gibt es prinzipiell nur mit einer Karte, und die haben wir nicht! Der einzige Weg zu Diesel führt über die Magnetkarte der Lkw-Fahrer. Das macht uns Sorgen. Jedoch der erste Versuch beruhigt uns.

 
Warten auf den Dieseltanklastzug, dabei hoffen wir, dass uns die Lkw-Fahrer tanken lassen
 
 

Nachdem wir den Lkw-Fahrern unsere Situation erklären, kommen wir immer zu Diesel. Einmal streiten sich sogar zwei Fahrer, auf wessen Karte wir tanken sollen. Zudem nehmen sie kein Geld von uns.

Der offizielle Preis liegt bei 1,2 Cent pro Liter, aber wenn möglich stecken wir den freundlichen Fahrern ein Mehrfaches zu.

 

Wir wünschen unseren Freunden und dem Iran alles Gute und fahren weiter zum Khomeini-Mausoleum. Hier wurde offensichtlich ein Besucherboom erwartet und ein Parkplatz für tausende Autos angelegt. Dabei verlieren sich gerade zehn Fahrzeuge auf dem Parkplatz und am Sarkophag sind wir beinahe allein.

 

Doch jetzt ruft die Wüste Kavir, die bereits südlich von Teheran beginnt. Dort suchen wir auf schlechter Staubpiste den großen Salzsee „Daryacheh-ye-Namak. Plötzlich und unbemerkt haben wir Salz unter den Rädern. Eine weite Ebene breitet sich vor uns aus mit unzähligen regelmäßigen Sechsecken, die alle etwa 50 Zentimeter Durchmesser haben.

 

Daryacheh-ye-Namak Salzsee, nur teilweise befahrbar,

deshalb befolgten wir genau die Ratschläge der Einheimischen

 
 
Dazu fällt uns nur ein - unwirtlich, weit und sehr alt
 
 

In der Mitte des etwa 100-km-breiten Sees treffen wir auf einen Mann, der in einem Häuschen auf dem Salz lebt. Er warnt uns davor, nicht weiter nach Norden zu fahren. Dort werden wir einbrechen. Wir sollen nur den Spuren der LKWs folgen bis dorthin, wo Salz abgebaut wird. Das machen wir, besichtigen den Salzabbau mit Raupen und bewundern die faszinierenden Kunstwerke, die das kristallisierende Salz zaubert.

 
...aber auf diesem Salzsee geht es noch beeindruckender weiter
 
 

Schön anzusehen, doch Baden in der Salzlauge ist lebensgefährlich

 
 

Auf geteerter Straße dringen wir weiter in die Wüste Kavir vor. Abseits auf schlechter Piste fahren wir nach Mesr.

 
Vielleicht saß hier schon Sven Hedin, der auf seinen Reisen durch die Oase Mesr kam
 
 

Durch dieses verschlafene Wüstendorf zog bereits Sven Hedin mit seinen Kamelen. Uns erwartet ein Sanddünenmeer. Das Thermometer steht auf 40 °C. Doch wir genießen die Stille und Weite der Sanddünen. Vor allem abends vor unserem Auto bei Sonnenuntergang.

 
Für Heti einer der schönsten Plätze der Welt
 
 

Weshalb übt die Wüste auf uns nur eine solche Magie aus? Wie können wir uns nur in dieser lebensfeindlichen Welt so wohl fühlen? Hier fällt alles von uns ab.

 
Relaxingtime
 
 

Uns zieht es noch weiter in die Wüste hinein und wir erreichen die Oasenstadt Tabas. Sie trennt die Wüste Kavir von der Wüste Lut. Schon von weitem beeindrucken die vier Türme und die große Kuppel eines riesigen Mausoleums, das von einem sechsspurigen Kreisverkehr umgeben wird.

 
Dieses gigantische Mausoleum in Tabas symbolisiert die ewige Verehrung Emam Hosseins
 
 
Hetis Spezial-Moschee-Besuchs-Verkleidung
 
 

Es ist das Mausoleum von Emam Hossein, der in Kerbala brutal getötet wurde. Ich bin kein Moslem, trotzdem wirkt die Schönheit und Stille dieses Ortes äußerst beruhigend auf mich. Eine Weile schaue ich den vielen Betenden an seinem Schrein zu.

 
Emam Hossein, seit Hunderten von Jahren tot, trotzdem wird er verehrt, als wär er gestern gestorben
 
 
Im Hossein-Mausoleum, Durchgang für Nichtmoslem gesperrt
 
 

Nach über 1.000 Jahren wird Hossein noch genauso verehrt als wäre er gestern erschlagen worden. Hier sind die überdimensionalen Parkplätze gefüllt.

 

Nachdem ein Mann erfahren hat, dass wir Deutsche sind, warnt er uns, vorsichtig zu sein. Erst kürzlich wurden zwei Journalisten ins Gefängnis geworfen, wo sie noch immer sind, weil sie regimefeindliche Interviews führten. Doch unser Ziel sind keine Interviews, sondern das Kennenlernen von Land und Leute.

 

Wir fahren noch weiter in die Wüste Lut hinein und erreichen die Oase Garmeh.

 
Nach Tagen durch die Sandwüste ist die Oase Garmeh eine grüne Wohltat fürs Auge
 
 

Bekannt ist sie für ihre außergewöhnlich guten Datteln. Vor drei Jahren jedoch wurden durch extremen Frost die Palmen stark reduziert. Vorher lebten noch 1.000 Menschen in den Lehmhäusern. Heute sind es nur noch 200.

 
400 Jahre altes, traditionelles Haus in der Oase Garmeh
 
 

Wir lernen Marziah kennen - ein Hüne von Mann -, der aussieht wie Bin Laden, für den er auch oft gehalten wird. Er ist Töpfer und zaubert am Abend aus verschieden großen Tongefäßen mythische Musik wie von einer anderen Welt.

 

Auf dem Weg nach Esfahan, wo wir ebenfalls Freunde besuchen, stellen wir fest, dass wir noch nie so viele unterschiedliche Wüstenformen auf so engem Raum wie im Iran erlebt haben.

 
Heti tanzt den einmaligen Salzsee-Cha-Cha-Cha
 
 
 
... eine weitere Wüstenvariante
 
 
 
Endlich wieder in einer Wüste, die Kavir im Iran
 
 

Unsere Freunde verwöhnen uns wieder mit unvorstellbar großzügiger Gastfreundschaft.

Jedoch im touristischen Esfahan ist es mit der Ruhe vorbei. Alle fünf Meter wird mir mit einen Lächeln ein „Hello Mister“ zugerufen. Heti muss lachen, von nun an heiße ich für sie nicht mehr Werner Beck, sondern Hello Mister. Und ich lache noch mehr, als sie mir erzählt, dass sogar sie mit Hello Mister angesprochen wird.

 

Von Esfahan fahren wir über das Zargos Gebirge nach Bander Bushehr an den Persischen Golf.

      

Kurzinfo zu Iran:    
1 Euro = 14.500,--Rial    
1 Liter Diesel = 165 Rial    
1 Brot = 2.500 bis 3.000 Rial    
1 kg Tomaten = 6.500,-- Rial    
1 kg Granatäpfel = 1.500,-- Rial    
       

Einreise äußerst einfach und unkompliziert.

 

Bisher sind wir 11.000 km ohne größere Probleme gefahren. Nun sind wir gespannt, wie die Schiffspassage von Bandar Abbas nach Sharjah in Dubai funktioniert. Das Procedere soll sehr aufwändig und stressig sein.

 

Aber darüber werden wir von der Arabischen Halbinsel aus berichten.

 

Insha Allah

 

Herta und Werner

 
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