„AFRIKA“ - hautnah - Bericht 9


 

Eine Kalahari, zwei Länder, zwei Welten

 

Route: Namibia – Botswana vom 14.10. bis 14.12.2012

 

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Nachdem wir mit Angola das “wirkliche“ Afrika verlassen haben, freut sich Heti auf geordnete Verhältnisse. Hervorragende Infrastruktur und sogar die deutsche Sprache heißen uns willkommen.

 

Namibia – Wohlstand, aber nicht für Buschmänner

 

Nach dem sehr teuren Kongo und dem noch teureren Angola ist Namibia für uns ein Schlaraffenland zum Schnäppchenpreis. Uns laufen die Augen über, und wir kämpfen gegen den Kaufrausch.

Hier gibt es einfach alles! Sogar die seltenen, australischen “Old Man Emu-Gummibuchsen“ für die Blattfedern unseres HZJs finden wir. Also spendieren wir unserem treuen Begleiter neue, denn bei jedem Schlagloch beklagt er sich mit einem lauten “Klack“ – dem Geräusch, wenn Metall auf Metall aufschlägt. Auch der Auspuff röhrt vorwurfsvoll und wird mit einem aufgeschweißten Blechteil beruhigt.

 
Ein seltener Anblick in einer afrikanischen Schrauberwerkstatt
 

Touristische Sehenswürdigkeiten mit großen Hinweisschildern führen uns als erstes zum “Hoba Meteorit“. Die Touristenschlange am Kassenhäuschen spricht deutsch und englisch, und wir reihen uns brav ein.

Es lohnt sich!

Der Meteorit ist drei Meter lang, drei Meter breit und einen halben Meter hoch. Er sieht wie auf Maß zugeschnitten aus und nicht, als ob er glühend vom tiefen Weltall auf die Erde geprallt ist. Nicht nur wir, auch die Wissenschaftler rätseln, warum er nicht wie alle anderen Meteoriten in tausend Stücke zerfiel? Und weshalb eine so große Masse von 60 Tonnen keinen tiefen Krater hinterlassen hat, sondern zwischen Bäumen liegt, als hätte ihn jemand ganz vorsichtig dort abgelegt.

 
Nicht nur der Meteorit hat eine lange Reise hinter sich…
 
Auf dem Weg nach Botswana ist Namibia nur ein Durchgangsland, in das wir wieder zurückkommen werden. Wir füllen unsere Vorräte auf und nehmen den Weg über Grootfontein und Tsumkwe nach Nordbotswana.
 

Um Tsumkwe herum leben noch viele Buschmänner. Hier ist noch einer der wenigen Orte, wo diese kleinen Menschen nicht zwangskultiviert werden. Sie behalten ihre eigene Identität, denn sie dürfen, zwar reglementiert, ihrer Kultur entsprechend jagen.

Manche überleben auch, indem sie Fremden wie uns, ihre einmalige Kultur und Überlebenskunst zeigen. Diese einfachen Menschen strahlen und lachen um die Wette und verbreiten eine Wohlfühlathmosphäre.

 

Sie sind die Verlierer in der Welt des Fortschritts

 

Sie sind die einzigen Menschen, die ohne Oberflächenwasser überleben können. Kato zeigt uns wie. Er macht sich auf die Suche und lächelt, als er eine kleine, nur zehn Zentimeter hohe Pflanze mit zwei Blättern entdeckt – das Zeichen für Flüssigkeit.

Vorsichtig entfernt er mit den Händen den Sand rund um das Pflänzchen, bis er die etwa Fußball-große Knolle erreicht.

 
Wer wie Kato überall Wasser findet, kann immer lächeln
 
Er hebt sie heraus und schabt etwa ein Drittel des Fruchtfleisches ab, nimmt den Brei in die Hand und presst das Nass heraus, das über seinen Daumen in den Mund tropft. Dabei strahlt er genießerisch.
 
90 % der Knolle ist Überlebenselixier
 
Seine Daumenflasche funktioniert
 
Ich mach es ihm nach. Es sieht einfacher aus, als es ist. Doch die wenigen Tropfen, die auf die Zunge fallen, schmecken leicht bitter, aber stillen wunderbar den Durst.
 
Sorgfältig vergräbt Kato den Rest der Knolle wieder und achtet darauf, dass der Stängel und die zwei Blätter unbeschädigt bleiben. Die Knolle kann nun weiter wachsen und den nächsten Buschmann mit Flüssigkeit versorgen.
 
Die “Ju I Huansi“-Buschleute brauchen keinen Arzt. Denn gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen. So heilen sie mit Wurzeln, Kräutern und Baumharz erfolgreich ihre Krankheiten, sogar Malaria.
 
 
…und die Apotheke ist der nächste Baum
 

Sie mischen die “Medizin“ mit Asche, ritzen die Haut ein und drücken die Arznei in die kleinen Wunden.

Auch wir beide benützen erfolgreich Naturmedizin in Form von Globuli, die nicht übers Blut wie bei den Buschmännern, sondern über die Mundschleimhäute in den Körper gelangen.

 
Buschleute schlucken keine Pillen, ihre Naturmedizin nehmen sie direkt übers Blut auf…
 

Zum Abschied führen sie uns noch den Elefantentanz vor und singen fröhliche Lieder.

Wir sind dankbar für die Zeit mit diesen bezaubernden Menschen, für deren Lebensstil in dieser Welt leider kein Platz mehr ist.

 
Tanzen, Klatschen, Singen und Spaß sind ihre Seelenmedizin
 

 
Botswana - viele Tiere, wenig Menschen und ein Regenmacher
 

Eine laute, monotone Stimme in einer unbekannten Sprache weckt uns morgens um vier Uhr. Zwei Stunden lang müssen wir uns diesen Monolog anhören, der uns fast wahnsinnig macht.

Sobald es hell ist, suche ich den rücksichtslosen Nervtöter und entdecke etwa hundert Meter entfernt, drei Männer rund um ein Lagerfeuer. Der Sprecher reckt einen schön geschnitzten Holzstock Richtung Himmel und knallt mit einer Peitsche.

 
Auch ohne Federschmuck und Totem sorgt dieser Christ für Regen
 

Er ist Farmer und seine Rinder sterben, weil es nicht regnet. Deshalb bittet der Regenmacher, wie einst Moses in der Bibel, mit einem Stab um Wasser.

 
Der Regenmacher und seine Utensilien
 

Wir sind in den Tsodilo Hills ganz im Nordwesten Botswanas. Obwohl die Berge nur 300 Meter hoch sind, ragen sie wie ein Altar aus der weiten Kalahariebene.

 
Die roten Backen zeigen, dass der weite Blick über die Kalahari viel Schweiß kostet
 
Deswegen werden sie schon immer als die „Berge der Götter“ verehrt. Viele Menschen aller Glaubensrichtungen kommen hierher zum Beten.
 

Über diesen steilen Hügeln liegt eine einzigartige und geheimnisvolle Stimmung, die bereits die Ureinwohner, die “iKung-Buschleute“ gefühlt haben müssen (das “i“ signalisiert den Klicklaut ihrer Sprache). Über 4.000 Felszeichnungen haben sie hinterlassen.

Wollten wir die Nashörner, Giraffen, Antilopen, aber auch tanzende Männer mit erigierten Penissen alle betrachten, müssten wir hier Wochen verbringen.

 
Nur wenige Striche, aber jeder weiß, welches Tier gemeint ist
 
Bis heute ist die Jagd in den Hügeln verboten. Sie wäre eine Entwürdigung der Götter und würde den Jäger unglücklich machen.
 
Als ich am nächsten Morgen den Sonnenaufgang fotografiere, bin ich überrascht. Keine zehn Meter hinter dem HZJ entdecke ich eine frische Elefantenspur von heute Nacht. Doch wenigstens der Dickhäuter hatte Anstand: kein Trompeten oder Anklopfen hat unseren Schlaf gestört.
 
Elefantenfuß mit Schuhgröße 66
 
Wir ziehen weiter Richtung Osten zum Okavango Delta. Wie sollen wir eine Dänemark-große-Flussmündung erfassen können, die nicht ins Meer, sondern in eine Wüste mündet, um sich dort in Nichts aufzulösen.
 
Da Wasser und Boot zusammen gehören, versuchen wir es als erstes mit zwei Mokoros. Mokoros sind die Einbäume der Fischer im Okavango.
 
Rudern ist sinnlos, nur die lange Stechstange bringt im engen Schilf Vorschub
 
Ein Mokoro ist für uns beide und das andere für Essen und Ausrüstung von uns und den zwei Polern. Mit George und Sadi wollen wir die kleinen Wasserpfade, Seen, Sümpfe und Inselgebiete sehen.
 
Hier endet oder besser, verdunstet der Okavango
 

Anfangs staken unsere Poler mit ihren langen Stechstangen durch schmale, schilffreie Wasserpfade, die schließlich in einem großen Pool münden. Viele Flusspferdaugen beobachten uns, deshalb umschifft unsere “Crew“ den Pool ganz vorsichtig und nur am Rand entlang. Sehr gerne schnappen Nilpferde nach den Mokoros und ziehen sie unter Wasser.

 

Was diese Touristen hier nur wollen

 
Nach dem Pool werden die Wasserpfade immer enger. Mit den Armen müssen wir uns gegen das Schilf schützen, das uns sonst ins Gesicht peitscht.
 
Und kein Elefant kommt zum Saufen
 

An einer kleinen Insel legen wir an, wo wir nur mit Mühe einen drei Quadratmeter großen Platz ohne Elefantenkot für unsere Zelte finden. Nach der Kotmenge zu urteilen, ist die ganze Insel mit Elefanten übersät. Um unser Lager vor den Tieren zu schützen, zündet George sofort ein großes Lagerfeuer an.

 
Unser Übernachtungsplatz zwischen frischem Elefantenkot
 
Danach starten wir zu einem Safariwalk über die Insel und sehen Impalas, Zebras, Lechweantilopen, Elefanten, viele Vögel und Insekten.
 
Auch die kleinen Tiere sind schön
 
Als wir erschöpft von der Hitze abends in unser Zelt kriechen, hoffen wir, nicht auf einem Elefantenpfad zu liegen. Wir müssen auf George vertrauen. Trotzdem haben wir zwischen dem vielen Elefantenkot ein komisches Gefühl
 
Am Ende der Mokorotour sind wir uns einig, dass ein wirklicher Eindruck vom Okavango Delta nur aus der Vogelperspektive möglich ist. Lange überlegen wir, denn ein Helikopterflug ist teuer. Als ein Amerikaner auch Interesse zeigt, teilen wir die Kosten und schlagen zu.
 
Ein zugiger Aufnahmeplatz mit bester Aussicht
 

Von oben aus dem langsamen Hubschrauber bekommen wir ein Gefühl für die Weite und die extrem unterschiedlichen Landschaftsformen. Sie bieten lebensfeindliche Wüste, blaue Wasserklekse und alles überwuchernde Urwaldriesen auf engstem Raum. Unter uns grasen in aller Ruhe Elefanten, Giraffen und Büffel. Vom Hubschrauber aus war es ein beeindruckendes Erlebnis vom Feinsten.

 
Auf und zwischen den Inseln sind wir vor einigen Tagen auf Walking-Safari gewesen
 

Nach dem Wasser- und Lufterlebnis möchten wir den Tierreichtum Botswanas zu Lande erleben. Dazu fahren wir an das Khwai Flüsschen, das zwischen dem Chobe und Moremi liegt. Dort sitzen wir zwei Tage im Schatten eines Mopane-Baumes und genießen die vorbeiziehende Tierwelt Afrikas.

 
Schau mir in die Augen
 

Botswana hat nicht nur eine große Tierwelt, sondern auch landschaftliche Attraktionen wie die “Makgadikgadi Pan“. In der größten Salzpfanne der Erde verliert sich das Auge und über der Salzpfanne entsteht das surreale Bild einer Phantasie-Film-Landschaft.

Auf die unterschiedlich dicken Salzschichten können wir uns nur wagen, weil Trockenzeit ist. Dabei helfen uns die Spuren anderer Fahrzeuge. Denn wenn die Salzschicht bricht, kann unser HZJ darin versinken und wär dann für immer verloren.

 
Kalter Gemüseeintopf wird in dieser heißen Zone zum Genuss
 
Die ersten Entdecker, Forscher, Missionare und Abenteurer haben die Salzpfanne wegen der gefährlichen Hitze- und Lichtreflexion, die immer irgendwo Wasser vorgaukelt, nur nachts überquert. Um sich nicht zu verirren, haben ihnen einige markante Baobab-Bäume den Weg gezeigt. Sie kletterten auf die 2.500-Jahre-alten Giganten und konnten von oben den nächsten Wegweiserbaum anpeilen. Alle kamen an ihnen vorbei und verewigten sich in der Rinde.
 
Ein markanter Wegweiser
 
Auch wir übernachten an den historischen Wegweisern und werden nach einem fulminanten Sonnenuntergang beinahe von den Insekten aufgefressen. Auch die Flucht ins Auto hilft nichts. Zwar bremst das Moskitonetz die handtellergroßen Nachtfalter, aber die fliegende Pest ist kleiner als ein Sandfloh und geht trotz der engmaschigen Gitter nach Belieben ein und aus. Wir sind ein gefundenes Fressen für sie, denn sie beißen hemmungslos in jedes Stückchen unbedeckte Haut.
 

Die Salzpfanne ist Inbegriff von Weite und Abgeschiedenheit

 

Die Salzablagerung, auf der wir stehen, ist der klägliche Überrest des urzeitlichen Makgadikgadisees, der mit 1.500 Kilometern Durchmesser das Kalaharibecken füllte und bis zu 300 Metern tief war.

In den Salzablagerungen tauchen immer wieder salzfreie Inseln auf, die Wild- und Nutztieren einen kargen Lebensraum bieten.

Wir stoppen an einem “Cattlepost“, so nennt man die Krale der Tiere mit den Hütten ihrer Besitzer.

 

Wie können Mensch und Tier in dieser Trockenheit überleben

 
Der Züchter schlachtet gerade zwei von seinen 400 Rindern. Dabei schimpft er über die neuen Hygienegesetze der EU. Ausgerechnet jetzt in der Trockenzeit kann er seine Rinder nicht verkaufen, weil in Francistown das Schlachthaus geschlossen ist und auf EU-Richtlinien umgerüstet wird. Dabei bräuchte er dringend Geld und für ein Rind würde er etwa 200 Euro bekommen.
 

Wohin geht dieses Fleisch

 
Die Tiere sind optimal an das karge Leben angepasst. Auf der Suche nach Futter ziehen sie am Morgen alleine los und legen dabei bis zu 20 Kilometer zurück. Bei Sonnenuntergang versammeln sich dann alle wieder im Kral.

 

Jeden Tag müssen sie die Distanz eines Halbmarathons laufen, um nicht zu verhungern

 

Die flotte Fahrt durch die ebene Salzpfanne ist ein besonderer Genuss. Doch wie so oft, kommt es anders, als wir denken, denn die Piste führt in einen Mopanewald und wird immer enger und enger.

Wir könnten weinen, denn trotz unseres Schneckentempos kratzen mit Qietschen und Rumpeln die Äste der Baumwand an den Solarzellen, den Kunststofffenstern und der Autowand vorbei. Anfangs säge ich noch die dicken Äste ab, doch es sind zu viele. Und Umkehren ist hier nicht möglich.

Am Ende der Fahrt ist der Lack am Auto nur noch halb so dick. Zwei Außenspiegel sind kaputt. Doch wir schimpfen nicht, denn Solarzellen und Fenster wurden nicht von den dicken Ästen eingedrückt. Wie immer, wenn alle Sinne gefordert sind, gibt es keine Bilder.

 
Hier wissen wir noch nicht, was uns erwartet
 

Über Rapsol fahren wir in die Zentralkalahari, denn Heti möchte endlich einen Löwen mit einer großen wallenden Mähne sehen, und das am liebsten auf der Motorhaube.

Löwen soll es in der Zentralkalahari reichlich geben und sogar mit schwarzer Mähne. Wir entdecken viele frische Spuren, und Heti ist optimistisch.

 

Jede Löwenspur lässt Hetis Adrenalinspiegel steigen
 

Die Zentralkalahari gefällt uns wegen den abwechslungsreichen Vegetations- und Landschaftsformen. Fels, Sand, Salz, Kalk, Büsche und leuchtend gelbe Trockengräser wechseln sich auf kürzester Distanz ab.

 
Ja, wo ist denn das Kätzchen
 

Wir sehen große Oryxherden mit weit über 100 Tieren. Das gibt es nur hier. Besonders putzig finden wir die seltenen Löffelhunde mit ihren Fledermausohren.

 
Die Oryxantilope überlebt ohne Wasser, bei extremer Hitze kann sie die Körpertemperatur auf 45 Grad anheben
 
Leider, leider wollte sich kein Kalaharilöwe auf unserer Motorhaube präsentieren, obwohl Heti mittlerweile auch mit einem direkt neben der Piste zufrieden gewesen wäre.
 
Botswana hat bei uns einen wilden und unverbrauchten Eindruck hinterlassen. Nicht nur weil in diesem großen Land mit nur zwei Millionen Menschen genügend Platz für alle afrikanischen Tierarten ist, sondern auch, weil Botswana noch nie einen Krieg geführt hat.
 

Kurzinfo Botswana, Stand November 2012

1 Euro

= 10.10 Pula

   
1 l Diesel

= 9,44 bis 9,92 Pula

   
1 Toastbrot

= 8,50 Pula

   
1 Kg Tomate

= 9,40 Pula

   
1 Kg Banane

= 8,90 Pula

   
 

Ein- und Ausreise: Einreise bei Dobe, winzig kleine Grenze mit einer einzigen Beamtin und einem Soldaten als Unterstützung. Aufenthalt für 30 Tage, kann bei jeder Immigration bis zu insgesamt 90 Tagen verlängert werden. Carnet wird nicht verlangt. Ausreise über Grenzstation Mamuno/Buitebos schnell und bequem.

 

Bis bald

 
In Namibia werden wir auf unseren Sohn Ingo und seine Freundin warten, mit ihnen zusammen das Land entdecken und Weihnachten feiern.
 

Liebe Freunde, Bekannte und Interessierte, vielen Dank, dass ihr uns auf unserer Reise bis hierher begleitet habt.

Wir wünschen euch allen ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

 

Bis zum nächsten Mal aus Südafrika

 

Herta + Werner

 
 

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